14.12.2012

"Wir wollen den Kindern das mitgeben, was wir selbst früher als schön empfunden haben"

Das Ehepaar Kintzel betreut bei sich zu Hause sechs Kinder im Auftrag des Theresienheimes.

 

Der silberne Kleinbus hält vor der Blumenstraße 10-12 in Elversberg, Sascha Kintzel steigt aus und öffnet zwei Jungs die Bustür. Die beiden springen raus und laufen ins Haus – nach der Schule haben sie Hunger. In der gemütlichen Küche mit dem grünen Herd wartet schon eine große Pfanne Käsespätzle auf sie. Doch nicht nur auf sie: Insgesamt sechs Haken hat die Kindergarderobe im Flur und an jeder hängt eine Jacke. Sechs Kinder leben im Haus bei Sascha Kintzel, seiner Frau Karin Dejon-Kintzel und deren 16-jähriger Tochter – sie alle zusammen sind die Familiengruppe Elversberg des Theresienheims.

„Eine Familiengruppe ist eine Kleingruppe im familiären Setting, mit gruppenpädagogischen Aspekten und heilpädagogischer Methodik. Beziehungskontinuität erfahren die Kinder vor allem durch das im gleichen Haus lebende Erzieherehepaar und den strukturierten Tagesablauf“, erklärt der Leiter des Theresienheims, Marc Schmitt. Unterstützt wird das Ehepaar Kintzel von zwei Erzieherinnen, einer Sozialpädagogin und einem Erzieher im Anerkennungsjahr. „Anders wäre das gar nicht zu schaffen“, sagt Sascha Kintzel. „So haben wir auch mal unsere Auszeiten – freie Tage und Wochenenden, oder Urlaub, den wir nur zu dritt in unserer Kernfamilie verbringen.“

Das erste Kind kam 2001 in die Familie, als ihre Tochter noch ganz klein war. Zu dieser Zeit arbeitete Sascha Kintzel noch in einem „ganz normalen Bürojob“, wie er sagt, und unterstützte seine Frau nur abends. Es kam ein weiteres Kind dazu und dann noch eines – und damit war die maximale Anzahl an Kindern, die Karin Dejon-Kintzel als Erzieherin alleine betreuen konnte, erreicht. In dieser Zeit wuchs bei ihrem Ehemann der Wunsch, sich beruflich zu verändern und ebenfalls Erzieher zu werden: „Meine Frau saß dann mit den Mitarbeitern des Theresienheims am Tisch und hat sich über die Kinder unterhalten – und ich habe nichts verstanden. Das hat mich geärgert“, erzählt er augenzwinkernd. Und so kam eins zum anderen: Er kündigte seinen Bürojob, machte die Ausbildung zum Erzieher. Und eines Tages stand die Nachbarin vor der Tür und erzählte, dass das Haus neben seinem Elternhaus, in dem sie bis dahin mit den Kindern lebten, zum Verkauf stünde. Bis zur Familiengruppe mit sechs Kindern war es dann nur noch ein kleiner Schritt. „Das sollte wohl einfach alles so sein“, resümieren die beiden heute.

Dankbar sind sie für die professionelle Unterstützung und Supervision von Seiten des Theresienheimes, zum Beispiel durch Bereichsleiter Andreas Reichert. Er steht dem Ehepaar in den verschiedenen Situationen hilfreich zur Seite. „So eine Familiengruppe ist immer etwas ganz Individuelles und verändert sich ständig. Hier gibt es keine vorgefertigten Abläufe, man muss sich immer wieder neu ausrichten und anpassen“, erklärt er.

Das Leben mit sechs Kindern im eigenen Haus fordert die beiden ausgebildeten Erzieher manches Mal ganz ordentlich. Dennoch haben die beiden ihre Entscheidung nicht bereut. „Wir versuchen, den Kindern das mitzugeben, was wir in unserer eigenen Kindheit als schön empfunden haben“, erklärt Karin Dejon-Kintzel. Ob das nun Ausflüge in den Wald sind, Obstanbau und –ernte im eigenen Garten, die Hasen, die gemeinsamen sonntäglichen Wanderungen oder die Ausflüge zum Paten-Hochlandrind im Neunkircher Zoo.

Aber natürlich gibt es auch Pflichten zu erfüllen: im Haushalt helfen, bei der Gartenarbeit oder auch beim Einkaufen im Baumarkt oder im Supermarkt. „Wir kaufen so große Mengen Lebensmittel ein, das kann man sich kaum vorstellen“, sagt Karin Dejon-Kintzel lachend. „Die Mitarbeiter im Globus kennen uns schon.“ Und nicht nur die – auch die Nachbarn aus der Blumenstraße natürlich. „Die sind so hilfsbereit und unterstützen uns, dafür sind wir sehr dankbar. Und sie sprechen es auch offen an, wenn irgendetwas nicht gut läuft – wenn zum Beispiel einer unserer Jungs mit dem Fußball die Blumen im Vorgarten zerschossen hat. Dann sorgen wir dafür, dass er das wieder in Ordnung bringt.“

Die 16-jährige Tochter der beiden sieht das Ganze gelassen – „sie ist ja damit aufgewachsen“, erklärt Karin Dejon-Kintzel. „Und ihr gefällt es ganz gut, dass sie die schönen Aufgaben übernehmen kann wie ab und an mal mit den Jungs Kleider kaufen oder ins Kino zu gehen. Für die Erziehung sind mein Mann und ich ja zuständig.“

Das Konzept der Familiengruppe Kintzel ist ein wichtiger Bestandteil der Hilfeangebote des Theresienheimes. Die zweite Familiengruppe ist bereits in Planung.

Theresienheim Zentrum für Heilpädagogische Kinder-, Jugend- und Familienhilfe Luisenthaler Straße 12, 66115 Saarbrücken Anfahrt 06 81 / 79 39-0 06 81 / 79 39-20 info@theresienheim.de
Einrichtungsleiter
Marc Schmitt
Dipl.-Sozialarbeiter/-pädagoge
0681 7939-27